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Chemnitz zur Zeit der deutschen Wiedervereinigung 1989/1990. VertragsarbeitnehmerInnen aus Mosambik, Angola, Vietnam und Kuba, die in der DDR willkommene Arbeitskräfte waren, sollten in ihre Heimatländer zurückkehren. So sah es der Einigungsvertrag zwischen den beiden einst geteilten deutschen Staaten vor. Die meisten von ihnen verließen Chemnitz, das damals noch Karl-Marx-Stadt hieß.
Die, die blieben, blickten der gesellschaftlichen und politischen Wende mit Sorge entgegen: Können sie ihre Arbeit behalten? Dürfen sie dauerhaft hier leben? Welche rechtliche Stellung haben sie? Zunehmende nationalistische und ausländerfeindliche Tendenzen verstärkten ihre Verunsicherung und Ängste.
30 Jahre sind seitdem vergangen, doch die Fragestellungen und Sorgen der MigrantInnen von damals sind auch heute noch aktuell. Und damals wie heute finden sie Unterstützung bei sozialen Gruppen und Vereinen. Im November 1989 ging aus den bürgerschaftlichen Initiativen, die die gesellschaftlichen Veränderungen in der Wendezeit mitgestalten wollten, die „Arbeitsgruppe für Ausländer in Karl-Marx-Stadt“ hervor. Am 24. Mai 1990 gründete sich der Verein „AG In- und Ausländer e.V.“. Die Verständigung von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund zu fördern, Hilfesuchende zu beraten und sich öffentlich für die Belange Geflüchteter einzusetzen, sind auch heute noch die Ziele des Vereins, der seit November 2014 „AGIUA e.V.“ heißt.
Alle MitarbeiterInnen von Aguia e.V. auf einem Bild vereint. Foto: Aguia e.V.
Was einst als Zusammenschluss ehrenamtlich Engagierter seinen Anfang nahm, hat sich in 30 Jahren Vereinsgeschichte zu einem wichtigen Akteur der Migrationssozialarbeit in Chemnitz entwickelt. An vier Standorten setzen sich über 30 MitarbeiterInnen und unzählige Freiwillige für interkulturelle Verständigung und die spezifischen Belange von MigrantInnen ein.
Gleich drei AGIUA-Projekte widmen sich der sozialen Beratung und Betreuung:
Kunlaboro
, das
Internationale Beratungszentrum
und die
Soziale Beratung von Flüchtlingen
. Einen großen Schwerpunkt bildet dabei das Thema Asylverfahren, das von der Ankunft in der Erstaufnahmeeinrichtung bis zum endgültigen Bescheid durch die SozialpädagogInnen begleitet werden kann. Sie unterstützen außerdem bei Fragen zum Aufenthaltsrecht, Familiennachzug und zum Leistungsbezug. Aber auch alltagspraktische Problemstellungen, wie z.B. die Eröffnung eines Bankkontos, Schwierigkeiten mit dem Vermieter sind Themen in den Beratungen.
Daneben macht es sich AGIUA zur Aufgabe, das interkulturelle Leben und interkulturelle Begegnungen zu fördern. So lädt das
Haus der Kulturen
auf der Karl-Liebknecht-Straße alle Interessierten mit und ohne Migrationshintergrund zu verschiedenen, regelmäßig stattfindenden Veranstaltungen ein. Beim Sprachcafé, das jeden Freitag stattfindet, sind alle eingeladen, die in lockerer Atmosphäre mit Menschen verschiedener Kulturen ins Gespräch kommen wollen. Eine Anmeldung ist nicht notwendig. Neue Gesichter sind auch beim Tanzkurs herzlich willkommen. Jeden Mittwoch werden Tänze aus aller Welt getanzt, die von den TeilnehmerInnen vorgeschlagen werden. Wer seine Sprachkenntnisse verbessern möchte, kann zu den Deutsch- oder Arabischkursen kommen. Diese werden an mehreren Tagen in der Woche von ehrenamtlichen MuttersprachlerInnen angeboten. Ob Anfänger oder fortgeschritten – jede/r kann so oft er/sie möchte kostenfrei teilnehmen.
In der Jugendarbeit liegt ein weiterer Schwerpunkt des Vereins. Neben der sozialpädagogischen Betreuung vermittelt das Projekt
Lesezeichen
Kindern und Jugendlichen auch die deutsche Sprache, um ihnen den Weg in den Schulalltag zu vereinfachen. Zusätzliche Angebote zur kreativen Entwicklung gibt es mit einem Kunstkurs im
Haus der Kulturen
und im Rahmen der außerschulischen Kinder- und Jugendbildung des Projekts
Interkulturelles Lernen
. Dort werden interkulturelle Themen wie Migration, Rassismus oder Diskriminierung aufgegriffen, um einen sensiblen Umgang damit zu erlernen. Denn die Grundlage für ein weltoffenes Zusammenleben, auch in den nächsten dreißig Jahren, wird bereits jetzt geschaffen.
Wir laden herzlich zu unserem Vereinsgeburtstag am 18. September von 15.00 bis 20.00 Uhr in die Müllerstraße 12 ein. Bei Snacks und Getränken wollen wir die Erinnerungen, das Wiedersehen und auch das Kennenlernen feiern und freuen uns auf viele bekannte und neue Gesichter.
Alle Standorte & Projekte im Überblick
Müllerstraße 12:
Kunlaboro: rechtliche Beratung und Unterstützung beim
Asylverfahren: Interkulturelles Beratungszentrum: Beratung zu sozialen und asylrechtlichen Fragestellungen
SprInt: Vermittlungsdienst für ehrenamtliche SprachmittlerInnen
Comparti: Förderung der gesellschaftlichen und politischen Teilhabe von MigrantInnen durch Bildungsangebote, Beratung und Unterstützung
Interkulturelles Lernen: Bildungsangebot für Kinder und Jugendliche zu interkulturellen und politischen Themen
Karl-Liebknecht-Straße 15-17:
Haus der Kulturen: Bildungs- und Begegnungsstätte für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit und ohne Migrationshintergrund, geöffnet Montag bis Freitag von 10 bis 19 Uhr
Lesezeichen: Deutschkurse, Hausaufgabenhilfe und Schülerpatenschaften für Kinder, Jugendliche und junge Volljährige sowie Schulvorbereitung für Kinder und Eltern
Jägerstraße 8:
Soziale Beratung von Flüchtlingen: Förderung der Integration und Unterstützung in allen Lebenslagen von dezentral untergebrachten Geflüchteten
Markersdorfer Straße 139:
Jugendclub Pavillon: Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche
URL: https://web.archive.org/web/20211201060505/https://www.horizontmagazin.de/2020/09/arbeitsmarkt-wissenswertes-fuer-den-anfang/
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